H2-Lkw sind auf dem Weg

Sebastian Reimann & Kai Eckart
Rund 700 Teilnehmer nahmen an der ersten Digitalkonferenz Wasserstoff teil, die von DVZ-Chefredakteur Sebastian Reimann (links) und Kai Eckart, Chefredakteur des „Energieinformationsdienstes“, moderiert wurde. (Bild: DVZ)

Die Wasserstoffstrategien der Bundesregierung und der Bundesländer liegen auf dem Tisch und zeigen klare Pläne für den Verkehrssektor auf.  Speziell die Akteure des Straßengüterverkehrs können sich auf substanzielle Unterstützung beim Umstieg auf den alternativen Treibstoff freuen.

Die CO2-Emissionen des Güterverkehrs müssen mittelfristig massiv sinken. Diesen Weg geben die Klimaschutzziele der EU vor – und seit der Veröffentlichung der deutschen Wasserstoffstrategie ist auch klar, welcher Energieträger die fossilen Kraftstoffe in erster Linie ablösen soll. Über den Stand der Dinge und die geplanten Umsetzungsschritte sprachen Experten aus der Politik, vonseiten der Technikhersteller und Kraftstoffanbieter sowie Praxispartner von Feldversuchen auf der Digitalkonferenz Wasserstoff. Das Event mit fast 700 Teilnehmern wurde gemeinsam von der DVZ und ihren Schwesterpublikationen  „Energieinformationsdienst“ (EID) und „Eurailpress“ ausgerichtet.

Die Förderkulisse steht

Die wohl wichtigste Botschaft überbrachte Elena Hof, Programm- und Teamleiterin bei der Nationalen Organisation Wasserstoff (Now): Es wird eine zweite Stufe des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – kurz NIP – geben. Darüber beteiligt sich die Bundesregierung weiterhin finanziell an Forschungs- und Entwicklungsprojekten und treibt die sogenannte Marktaktivierung voran. Damit verbunden ist eine gute Nachricht für alle Transportunternehmen, die in die neue Technik investieren wollen. Im Rahmen einer neuen Förderrichtlinie (NIP II), die Mitte des Jahres in Kraft treten soll, wird die Förderquote für Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb auf 80 Prozent angehoben. „Wir bemühen uns, jedes Fahrzeug, das auf die Straße kommt, zu fördern“, erklärte Hof dazu. Sie rechnet damit, dass in der zweiten Stufe des Programms gut 500 Lkw gefördert werden.

Flüssigwasserstoff als beste Option

Allerdings mangelt es noch an geeigneten Fahrzeugen. So will der Stuttgarter Lkw-Hersteller Daimler Trucks zwar schon in zwei Jahren eine Vorserie in die Kundenerprobung bringen; eine echte Serienfertigung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ist allerdings erst für die zweite Hälfte des Jahrzehnts vorgesehen. Doch bringt das Unternehmen auch einen neuen Ansatz ins Spiel. Laut Manfred Schuckert, Leiter des Bereichs Emissionen und Sicherheit, setzt Daimler Trucks nicht auf komprimiertes Wasserstoffgas, das mit 350 Bar Druck betankt wird, sondern auf die sogenannte Cryo-Gas-Variante. Dabei wird der Wasserstoff so weit gekühlt, bis er sich verflüssigt. Der Vorteil: Die Energiedichte des Treibstoffs – bezogen auf das  Volumen – ist um 30 bis 50 Prozent höher. Oder anders gesagt: Die Reichweite der Lkw verdoppelt sich im Vergleich zum gasförmigen Wasserstoff und wird bei etwa 1.000 Kilometern liegen. Allerdings muss auch eine neue Tanktechnik entwickelt werden, die ein einfaches und gefahrloses Handling des Flüssigwasserstoffs gewährleistet.

Bei aller Begeisterung für den technischen Ansatz sieht Schuckert aber auch ein drängendes Problem: „Derzeit kämpfen wir sowohl auf der Fahrzeug- als auch auf der Treibstoffseite mit hohen Kosten“, erklärt der Daimler-Experte. Speziell führte er den hohen Preis für Wasserstoff an. Dieser liegt derzeit bei 9,50 Euro pro Kilogramm, müsste aber, um wettbewerbsfähig zu werden, auf 4 bis 6 Euro sinken. Zugleich sei es notwendig, dass der Gesetzgeber den konventionellen Dieseltreibstoff verteuere. Das könne über eine Erhöhung des Dieselpreises laufen oder über eine Maut auf CO2-Basis – ein nicht einfacher, aber notwendiger Schritt, so Schuckert.

In der Praxis bewährt

Etwas weiter als Daimler Trucks ist  Hyundai. Der koreanische Hersteller hat bereits vor längerer Zeit seinen groß angelegten Feldversuch mit Brennstoffzellen-Lkw in der Schweiz gestartet, unterstützt von H2Mobility. Das Projekt findet großen Anklang, wie Jürgen Bauer, Mitglied der Geschäftsführung des österreichischen Logistikdienstleisters  Gebrüder Weiss, berichtet. Seit drei Monaten setzt das Unternehmen im Nachbarland den Hyundai XCient Fuel Cell Electric Truck als 19-Tonnen-Motorwagen mit 6 Tonnen Nutzlast ein, ohne dass es Probleme gegeben hat. Der Verbrauch liegt bei rund 8 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometer; die Reichweite des Lkw liegt mit einer Tankfüllung von 34 Kilogramm zwischen 460 und 480 Kilometern. Als 36-Tonnen-Hängerzug kommt er etwa 400 Kilometer weit.

Das Fazit, das Bauer zieht, ist überwiegend positiv: „Die Technik hat sich auch bei winterlichen Temperaturen gut bewährt, der Lkw bringt am Berg gute Leistungen, und die Fahrer sind begeistert vom lautlosen und ruhigen Fahrverhalten.“ Folgerichtig will Gebrüder Weiss demnächst einen zweiten Brennstoffzellen-Lkw – diesmal mit Plane – anschaffen und auf der Strecke zwischen Basel und St. Gallen einsetzen.

Was Bauer allerdings für wichtig hält: Um den Umstieg auf die emissionslose Technik finanzieren zu können, sind die Fuhrunternehmen auf eine direkte oder auch indirekte Förderung angewiesen. Die Total Cost of Ownership (TCO) eines Brennstoffzellen-Lkw müssten ein ähnliches Niveau erreichen wie bei einem Diesel-Lkw.

Projekt mit Pilotstatus

Auch für Michael te Heesen ist der Aufwand, der mit der Anschaffung und dem Betrieb eines Brennstoffzellen-Lkw verbunden ist, ein wichtiger Aspekt: „Die Kosten pro gefahrenem Kilometer müssen noch spürbar sinken“, sagte der Geschäftsführer der Düsseldorfer ABC Logistik. Sein Unternehmen hat sechs Wochen lang den Prototypen eines Daf-Motorwagens getestet, der vom niederländischen Automobilhersteller VDL auf den Wasserstoffbetrieb umgerüstet wurde. Dieser 27-Tonner wurde in der Stückgutlogistik eingesetzt, war aber mit einer Antriebsleistung von 135 kW (184 PS) untermotorisiert – ein Nachteil, wenn es darum ging, an steilen Anstiegen das Tempo zu halten. Auch Reichweite und Wasserstoffkonsum – durchschnittlich 11,3 Kilogramm auf 100 Kilometer – waren noch nicht überzeugend.

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